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Oper oder Ohrenflausen – wie geht Gesang für Kinder?

Franziska Dannheim | | 0 Kommentare
Beitragsbild Blog Gesang
Warum ich das mache, was ich tue & warum mich genau das so froh macht

Kammerpop fürs Kinderzimmer

Wenn ich heute singe, egal ob Oper, Tango oder Kammerpop im „Kinzergimm“ (eines meiner Geschwister fand als kleines Kind diesen tollen Namen), dann singe ich, weil ich von Herzen etwas mitteilen möchte. Wie schön, dass die englische und französische Formulierung für „auswendig singen“ etwas mit dem Herzen zu tun hat: „singing by heart“ oder eben „chanter par coeur.“ Und genau darum geht es: von Herzen kommt der Gesang, egal in welchem Genre und egal welche Töne dabei zum Ausdruck kommen.

Das Geheimnis ist der Atem, der Odem. Sein Raum sind nicht nur die Lungen. Diese liegen wie zwei Hände schützend ums Herz. Wenn ich mutlos oder ängstlich bin, dann wird alles flach und eng. Da kann kein Ton mehr steigen und fliegen. Wenn ich aber vertrauensvoll tief atme, die Luft genieße, als söge ich köstlichen Blumenduft bis in die äußersten Spitzen meiner Lungenflügel ein, dann wird mein Herz frei, meine Seele steigt. Wofür sind Flügel da, wenn nicht zum Fliegen?

Illu Blog

Dieses Gefühl von Freiheit beim Singen und Tönen kennen alle Menschen, egal ob groß oder klein, egal ob dem Schöngesang verpflichtet, im Death Metal zuhause oder aufgehoben im Gemeindechor. Singen ist so erhebend und wohltuend und gesundheitsfördernd!

Wie oft höre ich von Menschen: „Ich kann nicht singen“.

Bloß weil einst eine überforderte Tante oder ein vom Leben enttäuschter Lehrer diese jungen Flügel direkt stutzte mit den Worten: „Sei still, das klingt ja grauenhaft“ oder „Stelle dich in die letzte Reihe und bewege nur die Lippen.“

Grausame Körper- und Seelenverletzung!

Die Stimme ist die Verbindung zur Welt

Wir Menschen kommunizieren mit Stimme und Sprache. Beides sagt viel über uns aus, ist eben nicht nur Muskelarbeit, Membranbewegung und Gasaustausch, sondern eng verbunden mit unserem Gemüt und unserer Vorstellungskraft. Denke ich zum Beispiel an mein Lieblingsessen, und wie diese satte Portion Nudeln so wohlig in meinem Magen ruht, lege dabei meine Hände auf den Leib und summe ein freudiges „Mmmmmmmmh“, das ich von den höchsten Höhen meiner Stirn in die tiefsten Tiefen meiner Magengrube hinabsteigen lasse, dann klingt das garantiert so viel besser, als wenn ich beim Summen an „Zwerchfellspannung und Stimmlippenschluss“ denke.

Hier wirkt sie, die wunderbare Kraft der Phantasie. Sehnsucht nach dem Unsagbaren.

Die Neugier ist die heitere Schwester der Melancholie – beide kenne ich sehr gut. Beide haben diese unbestimmte Sehnsucht nach dem Unsagbaren – die eine in „Dur“ und die andere in „Moll“, um es musikalisch zu umschreiben. Und Musik war und ist immer da. Ich bin in einer musikliebenden Familie großgeworden: Mein Vater spielte Cello, meine Mutter sang, wir Kinder lernten alle ein Instrument, und es wurde und wird in der großen Großfamilie viel musiziert. Auch in mir drin war und ist immer Musik. Ich habe schon als Kind am Klavier sitzend versucht, diese kleinen Melodien, die ab und an angeflogen kamen, aufzuschreiben. Blöderweise, also grundsätzlich dankenswerterweise, ließen mich meine Eltern jedoch Geige lernen. Blöd daran war eben, dass ich damit zum einen kein Begleit,- besser Geleit-Instrument für meine Melodienforschung erlernte, und zum anderen, weil ich wirklich grauenhaft Geige spielte.

Noch heute bedaure ich es, nicht Gitarre spielen zu können (wer weiß, was die Zeit noch bringt).  Ein Freund nötigte mich eines Tages glücklicherweise, mir eine Ukulele anzuschaffen, um meine Lied-Ideen so festzuhalten und zu notieren, dass geduldige und phantasiebegabte Kollegen das fortan umsetzen können. Sein Plan ging auf. Dank der etwa sieben von mir verwendeten Ukulelengriffe flattert keine Melodie mehr vorüber, landet keine Idee mehr in der Gosse.

Ich habe auf meinen weiteren Wegen jedenfalls mit immer wieder neu geborenen Inspirationen mal mutig, mal übermütig in Revuen gesungen, Oratorien durchmessen, schlichte Chansons gehaucht und pompöse Popsongs geschmettert.

Hoffmanns Erzaehlungen Foto Manfred Vollmer
© Foto Manfred Vollmer

Musik für Kinder

Machst du nun Musik FÜR Kinder? Ganz klares NEIN. Ich mache Musik MIT Kindern, denn ich selbst bin als bekennender Kindskopf mitten dabei und weiß eines ganz genau: Es ist ein erwachsen-verwachsenes Hirngespinst zu glauben, du musst dich nur auf den Boden hocken und schon bist du mit diesen jungen Menschen auf Augenhöhe.

Das ist überhebliche Kleingeistigkeit oder Faulheit, die dir sofort um die Ohren fliegt. Diese frischen und unverbauten Wesen sind unverblümt und gnadenlos ehrlich in ihren Reaktionen, jede bemühte Behauptung wird schonungslos entlarvt.

Ich glaube auch hier gelten wieder nur Neugier und Sehnsucht. Will ich wirklich wissen, was die anderen bewegt, was sie umtreibt, was sie fröhlich macht? Was ihnen Vertrauen schenkt? Habe ich dieses Sehnen, immer wieder nach dem kleinsten, dem feinsten gemeinsamen Nenner zu suchen? Das bedeutet für mich Leben – und Liebe.

Amselgesang zum Sonnenaufgang

Eines wirklich schönen Tages im Februar saß ich am Fenster und beobachtete einen Amsler und lauschte, wie er sich mit seinem kunstvollen Morgenlied schier verausgabte. Da konnte ich nicht stillhalten. Schon flatterte die erste Melodie herbei und des Amslers Affäre blätterte sich vor meinem inneren Auge auf. Ich fing an zu schreiben, griff zur Ukulele – und zack: war es da, das Lied vom „Heiklen Heinrich“.

Mir ging dabei das Herz auf, so völlig frei zu phantasieren, frei zu schreiben und ebenso frei zu singen! Schlicht Atmen und Singen – die ganze Stimm-Technik reduzieren, um dem wahren Kern größtmöglichen Raum zu geben. Ohne Firlef(r)anz.

Das hat mich unvermittelt ganz nahe an mein eigenes Kindsein gebracht – unverstellt und offenen Herzens im angenehmsten Sinne naiv. Atmen und schauen. Neugier und Sehnsucht. Sonst Nichts.

Da war es wieder, dieses Gefühl, in die eigene Kindheit zu spazieren. Das gleiche Phänomen, wie wenn ich auch heute noch nach einem langen Spaziergang im Schnee in eine heiße Badewanne steige: Zack, genauso hat sich das schon mit sieben Jahren angefühlt. Oder wenn ich einen Löwenzahnstängel samt Blüte esse: Schwups, genauso schmeckte das schon der kleinen Franzi.

An den darauffolgenden Tagen gesellten sich weitere Charaktere zu meinem Heinrich: ein rhythmusbegabtes Eichhörnchen, eine Prinzessin Marie Käferin samt Hofstaat, sowie drei stattliche Hummeln. Mit ihnen erkannte ich das wohltuende Spiel von Luft und Atem mit Trotz und Hingabe nochmal ganz neu. Fragen wollen beantwortet werden: Wie können diese kleinen pelzigen Hummelpummelchen überhaupt fliegen? Wie kommt es in nassen Wolken zum feurigen Blitz? Wie kann sich das Licht nun bündeln und ganze Formen und Figuren verkehrt herum an die Wand werfen?

Rosepin, deine Welt ist schön

Die Idee, ein Album rund um das Mädchen mit den Zopfantennen zu schreiben, war geboren. Und das passende, reich illustrierte Kinderbuch mit Erzählung zwischen den Liedern und vielen kreativen Anregungen ist bereits in Arbeit…

Welch ein Segen, dass Karolina Golightly diese Figur und deren Kosmos in wunderschönen Bildern und Illustrationen verkörpert und Volker Kamp die Melodien in seinen liebevoll eingespielten Arrangements veredelt und vervollständigt.

Und wer wissen möchte, wie Rosepin zu ihrem Namen kam, kann mich gerne auf meinem Blog besuchen kommen, um von Rosen und anderen Duftnoten zu lesen…

Veröffentlicht von
Franziska Dannheim

Franziska ist Sopranistin und absolvierte ihre Gesangsausbildung bei Yukako Kinoya (Stuttgart) und Anita Salta (Essen). Nach vielen Jahren voller Gastspiele und Engagements in unterschiedichen gesanglichen Disziplinen – unter anderem mit selbst konzipierten Formaten bekannter Opern, der Reihe ‚Oper légère‘ – hat Franziska nun Ihre ersten beiden Alben voller entzückender Kinderlieder veröffentlicht.

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