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Gefühle wahrnehmen, benennen und verstehen

Verena Helfrich | | 0 Kommentare
Ohrenflausen StarkeKinder 63 scaled 1

© Foto Klaus M. Einwanger

Kinder dabei zu unterstützen, mit den kleinen und großen Herausforderungen des Lebens und des Alltags umzugehen, ist heute wichtiger denn je. Das hat sich nicht erst seit Beginn der Coronavirus-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine herumgesprochen. Zu keiner Zeit sonst gab es bisher ein so großes Wissen und Bewusstsein darüber, welchen Belastungen Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind und wie sich dies auf ihre psychische Gesundheit und Widerstandskraft auswirkt.

In der Praxis gibt es unzählige Möglichkeiten, Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu mehr psychischer Widerstandskraft, Resilienz, zu begleiten – und dies in den Familienalltag zu integrieren.

Resilienz, was war das noch einmal?

Resilienz kann als Immunsystem der Seele verstanden werden, als psychische Widerstandskraft und somit die Fähigkeit, sich an externe und interne Anforderungen wie Krisen, Katastrophen, Traumata und herausfordernde Alltagssituationen anzupassen und diese mental gesund zu bewältigen. Resilienz befähigt uns, Widrigkeiten zu widerstehen und uns von Rückschlägen und schwierigen Lebenssituationen zu erholen und daran zu wachsen. Mehr zum Resilienz-Begriff und den Faktoren, die Resilienz beinhalten, kannst du in meinem letzten Blog-Beitrag „Resiliente Kinder – Kann ich mein Kind im Alltag stark machen?“ nachlesen.

Resilienz fördern

Resilienz beinhaltet Fähigkeiten, an denen wir arbeiten und die mit der Zeit wachsen können. Genau das erfordert Zeit, Energie sowie Unterstützung – vor allem von Bezugspersonen. Wichtig ist auch nicht zu vergessen, dass das Vorhandensein von Resilienz nicht bedeutet, dass wir keinerlei emotionalen Stress oder Leid erleben – es geht eher darum, wie dieser verarbeitet werden kann.

Du musst nicht deinen kompletten Familienalltag umkrempeln, um gezielt Resilienz bei deinen Kindern zu fördern. Es gibt effektive Möglichkeiten, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Zum Beispiel in Bezug auf das Thema Emotionen.

Die Sache mit den Emotionen

Über Emotionen zu sprechen, diese sicher wahrzunehmen und beschreiben zu können, ist in unserer Gesellschaft eine große Herausforderung. Viele Menschen erleben, dass Emotionen als Tabu-Thema behandelt werden, ihnen wurde nicht vorgelebt oder beigebracht, über Emotionen zu sprechen. Die eigenen Emotionen sowie die anderer ganzheitlich und adäquat wahrnehmen zu können ist jedoch ein wichtiger Bestandteil von Selbst- und Fremdwahrnehmung und somit auch von Resilienz.

Nicht nur Kindern, auch uns Erwachsenen kann es schwerfallen, Emotionen zuzulassen, zu empfinden und zu benennen.

Im Alltag

Erwachsene haben eine wichtige Vorbildfunktion. Daher gilt: Sei ein gutes Vorbild und achte in deinem Alltag darauf, deine eigenen Emotionen klar wahrzunehmen und verbal zu beschreiben. Das kann deinem Kind helfen, für die eigenen Emotionen Worte zu finden. In vielen Situationen ist es zudem sehr hilfreich, wenn du die Emotionen deines Kindes verbalisierst.

Kinder müssen erst einmal lernen, was die verschiedenen Emotionen sind und wie sie benannt werden. Dazu gehört auch, dass wir ihnen erklären, wie sie diese wahrnehmen können, welche körperlichen Reaktionen Emotionen hervorrufen können und selbstverständlich auch, wie mit Emotionen umgegangen werden kann.

Frag dein Kind, wie es sich fühlt, ob es gerade fröhlich, traurig oder wütend ist und wie es das feststellt. Gib deinem Kind Einblicke, wie du dich fühlst, wenn du fröhlich bist und woran du das merken kannst.

Achte darauf, dass Kinder Zeit benötigen, bis sie ihre Emotionen wahrnehmen, benennen und mit ihnen umgehen können. Zunächst einmal ist es wichtig, Emotionen wahrzunehmen und zu verstehen. Du kannst darauf achten, die Gefühle deines Kindes anzuerkennen: „Ich wäre an deiner Stelle auch traurig, wenn ich mein Spielzeug verloren hätte.

Zum Basteln: Gefühle-Uhr / -barometer

Zum Thema Emotionen wahrnehmen gibt es unzählige Übungen und Bastelideen, einer meiner Favoriten ist die Gefühle-Uhr oder das Gefühlsbarometer. Eine Bastelanleitung hierzu findest du beim Klick auf den Button 🙂

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Die Gefühle-Uhr kann in Situationen zum Einsatz kommen, in denen es dir oder deinem Kind schwerfällt Emotionen zu benennen, du jedoch in den Austausch kommen möchtest.

Gefühls-Steine

Du kannst alternativ mit deinem Kind zum Beispiel „Gefühls-Steine“ bemalen. Auf dem nächsten Spaziergang sammelt ihr ein paar flache Steine, die ihr Zuhause bemalt. Jeder Stein steht dabei für ein Gefühl. Zum Beispiel malt ihr auf einen Stein eine Sonne, die für „Mir geht es gut. / Ich bin glücklich.“ Steht, auf einen anderen Stein vielleicht eine Regenwolke, die bedeuten kann „Ich bin traurig.“ Mit jüngeren Kindern kannst du auch Farben auswählen, die für Emotionen stehen und die Steine gelb, rot, blau und so weiter anmalen.
Die Steine kannst du unterschiedlich einsetzen. Zum Beispiel als Morgen- oder Abendritual, indem sich nacheinander jedes Familienmitglied den Stein aussucht, der gerade zum aktuellen Gefühlszustand passt, oder in Situationen, in denen es schwerfällt Gefühle zu benennen.
Tipp: Je nachdem, wie viele Familienmitglieder mitmachen möchten, kann auch jedes Familienmitglied „eigene“ Gefühls-Steine gestalten.

Spielerisch: Wörter suchen

Wer hat die meisten Wörter? Damit Kinder lernen, Worte für ihre Emotionen zu finden kannst du dies auch außerhalb der Situationen, in denen es um konkrete Emotionen geht, spielerisch fördern. Zum Beispiel indem du ein Spiel daraus machst, wer von euch die meisten Wörter zur Beschreibung der Emotion Ärger, mit all ihren Facetten, findet. Na, wer von euch kommt auf mehr Begriffe wie verärgert, mürrisch oder übellaunig? Du kannst auch mit deinem Kind gemeinsam überlegen, was wohl für jeden von euch der Unterschied zwischen verärgert oder mürrisch wäre und wie ihr dies feststellen würdet.

Musik? Tanz? Pantomime? Es gibt ganz verschiedene Wege zu den eigenen Gefühlen …

Neben den vorgestellten Ideen zum Thema Gefühle gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, sich bewusst mit unseren Kindern diesem Thema zu widmen. Dein Kind liebt Musik? Dann sucht doch einfach gemeinsam Songs raus, die verschiedene Emotionen hervorrufen und beschreibt diese. Tanzen ist ebenfalls eine großartige Möglichkeit, Gefühle auszudrücken. Oder ihr schneidet gerne Grimassen oder macht Pantomime? Überlegt zusammen, wie jemand aussieht der überglücklich ist.

Gefühle müssen wahrgenommen werden dürfen. Jedes Kind sollte erleben können, wie es ist traurig der wütend zu sein. Wir Erwachsenen können und sollten daher unseren Kindern diese Gefühle nicht vorenthalten, sondern sie dabei unterstützen, diese Erfahrungen zu machen und dabei im Bedarfsfall zur Seite zu stehen.

In meinem nächsten Blogbeitrag geht es um weitere Wege, resiliente Kinder großzuziehen.

Veröffentlicht von
Verena Helfrich

Ich bin Diplom-Pädagogin, Politikwissenschaftlerin, Coachin und Hundetrainerin. Neben meiner fachlichen Ausbildung ist meine Arbeit als Pädagogin durch meine praktischen Tätigkeiten in der Kinder- und Jugendhilfe sowie dem Coaching geprägt. Meine Stärke ist die Verbindung von wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Intuition, Verständnis & Erfahrung.
In meiner pädagogischen Arbeit sind meine Schwerpunkte Persönlichkeitsentwicklung – mit und ohne Hund – sowie das Coaching und die Begleitung von Adoptivfamilien.
Privat lebe ich mit meinem Adoptivsohn, meinem Mann, 4 Hunden und weiteren Tieren in der Nähe von Trier.

Mehr über mich und meine Arbeit: www.verena-helfrich.com

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